2014-09-30
Um ein wenig Ordnung ins Chaos der Ereignisse zu bringen und halbwegs die Orientierung zu behalten, habe ich eine Chronologie der schwerwiegendsten Vorfälle erstellt, die den bisherigen Verlauf der Ukraine- Krim Krise und des Konfliktes mit Russland seit Winter 2013 prägten.
Vorgeschichte Euromaidan Schüsse auf Maidan Vertrag 21. Februar Putsch 22. Februar Krim Anschluss Sanktionen Bürgerkrieg Anfänge Militärbeobachter Feuerhölle Odessa Referendum 11.Mai Präsidentschaftswahlen Bürgerkrieg Sommer Abschuss Flug MH17 Hilfskonvoi Merkel in Kiew Waffenstillstand Minsk Opfer der Kämpfe Parlamentswahlen Während des Waffenstillstandes Epilog Chronik 2015
Bald nach Selbstauflösung der Sowjetunion in den Jahren 1990/91 begann das Tauziehen um die Ukraine. Wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen anglo-amerikanischen Interessen standen vergleichbare russische Interessen gegenüber. Aufgrund ihrer geographischen Lage, der Bodenschätze sowie weiterer insbesondere landwirtschaftlicher und logistischer Potentiale gilt die Ukraine als Schlüsselstaat auf dem eurasischen Kontinent an der Schnittstelle zwischen der westlich und der östlich geprägten Hemisphäre. Wer hier die Oberhand gewinnt, ist strategisch im Vorteil (siehe auch Artikel 'Geostrategie').
Von Victoria Nuland, der US-amerikanischen Botschafterin für Europa und Eurasien, ist aus einem mitgeschnittenen Telefonat die Aussage überliefert, dass die USA seit den 1990er Jahren 5 Mrd. Dollar in die Ukraine gesteckt hätten, vermutlich per Finanzierung von oppositionellen Gruppen, NGO's, Medien, etc.. Auch Russland dürfte einige Anstrengungen unternommen haben, nicht zuletzt in Form eines erheblichen Entgegenkommens beim Preis für Gaslieferungen.
Zwischen 1991 bis 2013 war mal die eine, mal die andere Seite im Vorteil. Die Oligarchen und wechselnden Regierungen in der Ukraine verfolgten eigene Interessen und taktierten, gaben sich mal pro- westlich, mal pro- russisch und bewahrten so ihre Unabhängigkeit. Die westlichen Bestrebungen, das Land in die EU und später in die NATO aufzunehmen, sind ebenso wie die russischen Bemühungen, die Ukraine in die Eurasische Union zu integrieren, als Versuche zu werten, sich eine dauerhafte Vorherrschaft in der Ukraine zu sichern.
Viele Experten bewerten die Forderung der EU, dass die Ukraine sich zwischen der EU und Russland entscheiden müsse, als einen maßgeblichen Auslöser der Ukraine- Krise.
Ab 21.11.2013: Proteste auf dem Majdan in Kiew nach der Ankündigung von Präsident Janukowytsch, das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht zu unterzeichnen.
Demonstrationen ab 29.11.2013 nach Nicht- Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens.
Gewaltsamer Polizeieinsatz am 30.11.2013
Massendemonstration mit über 500.000 Teilnehmern (?) am 08.12.2013.
Die Protestbewegung ist sehr heterogen. Ihr gehören westlich orientierte einfache Bürger und Bürgerrechtler, oppositionelle Politiker, nationale und rechtsgerichtete Aktivisten an. Letztere gewinnen im Laufe der folgenden Wochen und Monate aufgrund ihres entschlossenen, organisierten und gewaltbereiten Vorgehens an Einfluss. Es ist die Rede von einer zunehmenden Anzahl bezahlter Provokateure, deren Auftraggeber, möglicherweise Oligarchen und/oder Geheimdienste, im Dunkeln bleiben.
Die Demonstrationen werden immer gewalttätiger. In den Auseinandersetzungen mit der Polizei und der Spezialeinheit 'Berkut' kommt es schließlich zu Verletzten und den ersten Toten.
18.-20.02.2014: Schüsse auf dem Maidan in Kiew fordern über 80 (?) Todesopfer. Wer geschossen hat, ist unklar. Von der wenige Tage später installierten Übergangsregierung (s.u.) angekündigte Untersuchungen über die Vorgänge finden nicht statt oder werden verschleppt. Bis heute [Stand 01.10.2014] gibt es keinen unabhängigen Untersuchungsbericht. Beobachter bezweifeln die Version der Übergangsregierung, nach der die Schüsse ausschließlich von der zum Zeitpunkt der Vorfälle noch amtierenden Regierung Janukowytsch bzw. der 'Berkut', einer Polizei-Spezialeinheit, zu verantworten seien. Es gibt Aussagen und Indizien, dass oppositionelle Kreise und / oder [ausländische] Geheimdienste involviert sind...
Update 2014-12-16:
Auch der kanadisch- ukrainische Politikwissenschaftler Ivan Katchanovski von der Universität Ottawa kommt laut einem Artikel auf heise.de zu dem Ergebnis, dass militante Maidankräfte vom Rechten Sektor massiv als Täter an den Morden vom 20. Februar in Kiew beteiligt waren.
Update 2015-02-20:
In einer Reportage der britischen BBC wird laut einem Bericht der Deutschen Wirtschafts Nachrichten dokumentiert, dass die Opposition in die Schüsse auf dem Maidan verwickelt gewesen sei.
Der ukrainische Präsident Poroschenko hingegen behauptet am 1. Jahrestag der Ereignisse, dass ein gewisser Wladislaw Surkow, ein Assistent des russischen Präsidenten, die Organisation von ausländischen Scharfschützengruppen auf dem Maidan geleitet habe.
Eine offizielle Aufklärung der Vorgänge, wie sie u.a. auch Bundeskanzlerin Merkel gefordert hatte, kommt hingegen nach wie vor nicht voran. Weder durch ukrainische Behörden noch durch eine internationale Untersuchungskommission. Eine letztere gibt es meines Wissens gar nicht. Untersuchungen werden behindert oder hintertrieben. Wohl auch deshalb, weil maßgebliche Führer der damaligen Opposition inzwischen Regierungsämter bekleiden.
Vereinbarung über eine Beilegung der Krise in der Ukraine
Beteiligte: Regierung Ukraine (Wiktor Janukowytsch), Euromaidan-Opposition (Vitali Klitschko / UDAR, Oleh Tjahnybok / Swoboda, Arsenij Jazenjuk / Allukrainische Vereinigung „Vaterland“).
Weitere Unterzeichner als Zeugen: Die Außenminister Steinmeier / Deutschland und Sikorski / Polen sowie der Direktor im französischen Außenministerium Fournier / Frankreich als Vertreter von Außenminister Fabius.
An den Verhandlungen beteiligt war ferner Wladimir Lukin als Vertreter Russlands.
Der Maidan-Rat stimmte der Vereinbarung zu, unterzeichnete sie aber nicht.
Inhalte der Vereinbarung (u.a.)
Wiedereinführung der Verfassung von 2004 binnen 48 Stunden.
Verfassungsreform bis Ende September 2014
Vorgezogene Präsidentschaftswahlen bis Dezember 2014
Gemeinsame Untersuchung der jüngsten Gewaltakte
Keine Verhängung des Ausnahmezustandes
21./22.02.2014, nachts: Flucht von Präsident Janukowytsch
22.02.2014: Absetzung des Präsidenten durch das Parlament
23.02.2014: Ernennung von Olexandr Turtschynow zum Übergangspräsidenten
26.02.2014: Bildung einer Übergangsregierung unter Arsenij Jazenjuk
Da die Absetzung des Präsidenten Janukowytsch gemäß einer Bewertung der Vorgänge auf Spiegel Online nicht verfassungskonform verlief, ist die Legitimität der Übergangsregierung umstritten.
27.02.2014: Das Regionalparlament der Krim beschließt ein Referendum über die staatliche Zugehörigkeit der Krim.
16.03.2014: Beim Referendum sprechen sich nach offiziellen Angaben bei einer Wahlbeteiligung von 83% knapp 97% der Wähler für einen Beitritt der Krim zur Russischen Föderation aus. Der Menschenrechtsrat beim russischen Präsidenten geht hingegen lediglich von einer Wahlbeteiligung von 30 - 50% und einer Zustimmungsquote von 50 - 60% aus. Diese Bewertung soll allerdings auf Aussagen von lediglich 20 (!) Personen beruhen. Sowohl das offizielle Wahlergebnis als auch die Einschätzung des Menschenrechtsrates sind sicherlich mit Vorsicht zu betrachten.
[Update 2015-04-12] Der Wahrheit am nächsten kommen dürfte eine Umfrage der laut heise.de als seriös und politisch unverdächtig geltenden amerikanischen Pew- Stiftung, welche gut 2 Monate nach dem Referendum im Mai 2014 u.a. auf auf der Krim durchgeführt wurde. Nach dieser Umfrage sagen 88% der Krim- Bewohner, Kiew müsse das Ergebnis des Referendums anerkennen, sogar 91% betrachten die Abstimmung als frei und fair. 93% haben Vertrauen in Putin, 92% in Russland, nur 2% glauben, die USA spielten eine positive Rolle. Die Pew- Auswertung erscheint umso vertrauenswürdiger, als bei Umfragen in der West- und Ost- Ukraine zu die staatliche Einheit der Ukraine betreffenden Themen gänzlich andere und sehr unterschiedliche Resultate publiziert wurden. (» Artikel auf heise.de | » Umfrage Pew RC).
Weitere Umfragen werden in einem Artikel des MDR erwähnt.
Angesichts eines Bevölkerungsanteiles von etwa 2/3 ethnischer Russen, ca. 80% russischer Muttersprachler sowie der derzeit günstigeren wirtschaftlichen und politischen Situation in Russland im Vergleich zur Ukraine ist davon auszugehen, dass die Mehrheit der Menschen auf der Krim tatsächlich den Anschluss an Russland wünschte.
18.03.2014: Das Beitrittsabkommen wird unterzeichnet
20.03.2014 Das russische Parlament (Duma) stimmt der Aufnahme der Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation zu.
Die USA, die EU und weitere westliche Staaten bezichtigen Russland der Annexion der Krim unter Bruch des Völkerrechtes.
» Geschichte der Krim
» Sezession oder Annexion? Die Krim und das Völkerrecht
17.03.2014: Sanktionen der EU gegen Russland in Form von Einreisebeschränkungen gegen ca. 20 Einzelpersonen sowie dem Einfrieren von im Bereich der EU verwahrten Geldern und Vermögenswerten der betroffenen Personen.
21.03.2014 und 28.04.2014: Ausweitung der Liste der von den Sanktionen betroffenen Personen.
16.07.2014: Verschärfung der EU- Sanktionen
30.07.2014: Verschärfung der EU- Sanktionen (?)
06.08.2014: Russland verbietet Import bestimmter Nahrungsmittel aus Ländern, die gegen Russland Sanktionen verhängt haben.
12.09.2014: Weitere Sanktionen der EU gegen Russland aufgrund eines Beschlusses am 06.09.2014
Es gibt auch Sanktionen der USA und einiger weiterer westlich orientierter Staaten gegen Russland, die jedoch aufgrund des eher geringen Handelsvolumens zumeist von geringerer Bedeutung sind. Insbesondere die Zusammenarbeit großer (US- amerikanischer) Energiekonzerne mit russischen Partnern scheint nach wie vor zu florieren:
Das große Geschäft der Ölkonzerne mit Russland
BP macht trotz Sanktionen Geschäfte in Russland.
Die umstrittene völkerrechtliche Bewertung des Anschlusses der Krim an die Russische Föderation, die völlige Ungewissheit über die Schuldfrage beim Abschuss der MH17 (s.u.), die versteckten geopolitischen Motive, die womöglich zur derzeitigen Krise in Europa geführt haben sowie die Fragwürdigkeit von Sanktionen überhaupt, zumal gegen ein Land, von dessen Rohstofflieferungen man in hohem Maße abhängig ist, begründen erhebliche Zweifel an Rationalität und Nachhaltigkeit einer derartigen Politik: Handelskrieg: Der große Verrat von Angela Merkel an ihrem Volk
Im März und April 2014 kommt es in mehreren Orten und Städten im Donbass und anderen östlichen Provinzen der Ukraine zu Protesten, Demonstrationen und Besetzungen von Verwaltungsgebäuden, u.a. in Donezk, Odessa, Charkiw, Dnjepropetrowsk, Mariupol, Luhansk und Slowjansk sowie zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der unterschiedlichen politischen Lager. Unmut über die Vorgänge in der Hauptstadt Kiew und Verunsicherung über geplante Maßnahmen der nach dem Putsch im Februar unter Beteiligung rechtsnationaler Aktivisten installierten Übergangsregierung - so wurde etwa erwogen, Russisch als Amtssprache abzuschaffen - sind der Auslöser. Polizeiwachen werden gestürmt. Es kommt zu Todesopfern und Verletzten. Pro- russische Aktivisten fordern Autonomierechte für die östlichen Provinzen, etliche den Anschluss an Russland nach dem Vorbild der Krim.
Die Kämpfe nehmen an Härte zu, die öffentliche Ordnung gerät zunehmend ins Wanken. Ethnische Rivalitäten werden gezielt geschürt. Die Lager rüsten auf, paramilitärische Einheiten werden aufgestellt. Regierungstruppen und ukrainischen Milizen stehen nun bewaffnete pro- russische Bataillone gegenüber. In den Reihen beider Lager befindet sich eine zunehmende Anzahl ausländischer Söldner aus der EU bzw. aus Russland und anderen ehemaligen GUS- Staaten.
Mitte April, wenige Stunden nach dem aufgedeckten Geheimbesuch des CIA Chefs John Brennan unter falschem Namen in Kiew, greift erstmals das ukrainische Militär in die Kämpfe ein und erobert etliche besetzte Verwaltungsgebäude und Polizeistationen zurück. Bei Kramatorsk und Slawjansk stößt die Armee auf heftigen Widerstand. Die Genfer Vereinbarung vom 17.04.2014 soll für eine Deeskalation der Konflikte sorgen, doch bereits wenige Tage später ordnet die ukrainische Regierung die Wiederaufnahme der militärischen 'Anti- Terror- Maßnahmen' an. Zunehmend fallen Zivilisten den Kämpfen zum Opfer. Während halbherzige diplomatische Friedensbemühungen scheitern, konzentrieren sich die Auseinandersetzungen auf die Stadt und die Region Slowjansk.
Im Osten der Ukraine herrscht der blanke Hass (Welt)
Schilderung der Ereignisse bei Wikipedia.
Am 25.04.2014 werden 8 Militärbeobachter, darunter 4 Deutsche, von pro- russischen Separatisten festgenommen und an einen unbekannten Ort verbracht. Gut 1 Woche später werden die Beobachter auf Vermittlung der OSZE und Russlands wieder freigelassen. In westlichen Medien werden die Festgenommenen tagelang irreführend als OSZE-Militärbeobachter bzw. OSZE-Mitarbeiter bezeichnet, vermutlich um den Eindruck zu erwecken, sie seien im Auftrag der OSZE tätig. Tatsächlich aber handelt es sich um Militärbeobachter, die im Rahmen einer bilateralen Vereinbarung, nämlich auf Einladung der ukrainischen Übergangsregierung im Auftrag der Bundeswehr oder der NATO auf der völkerrrechtlichen Grundlage einer OSZE-Regelung, des sogenannen 'Wiener Dokumentes', in der Ostukraine unterwegs sind.
02.05.2014: Mindestens 48 Menschen kommen beim Brand eines Gewerkschaftshauses in Odessa ums Leben. Rechtsgerichtete Demonstranten, insbesondere Anhänger eines Fußballclubs, werfen Molotow Cocktails auf das Gebäude, in das sich linksgerichtete pro- russische Demonstranten geflüchtet hatten. Es ist von 'Agents Provokateurs' die Rede, die den Konflikt gezielt angefacht haben sollen.
[Update 2015-03-31] Der im März 2015 (?) publizierte, sehenswerte Film 'Lauffeuer - Eine Tragödie zerreißt Odessa zu Beginn des Ukrainischen Bürgerkrieges' dokumentiert die furchtbaren Ereignisse ausführlich.
Bei einem Referendum am 11. Mai 2014 in den sogenannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk unter der Regie pro- russischer Aktivisten sprechen sich 90 bzw. 96 Prozent der Wähler für einen Autonomiestatus der jeweiligen Gebiete aus. Die Aussagekraft des Referendum wird allgemein als eher fragwürdig eingeschätzt.
25.05.2014: Bei den Präsidentschftswahlen wird Petro Poroschenko mit mehr als 50% der Stimmen bereits im 1. Wahlgang zum neuen Präsidenten der Ukraine gewählt. Jedoch bleiben die Wahllokale in den von pro- russischen Aktivisten besetzten östlichen Gebieten um Donezk und Lugansk (Donbass) geschlossen, so dass es sich realistisch betrachtet um eine Präsidentschaftswahl der westlichen und mittleren Regionen der Ukraine handelt.
Die militärische Anti- Terror- Operation der ukrainischen Regierung und der mit ihr verbündeten Milizen gegen die pro- russischen Aktivisten wird fortgesetzt. Hubschrauber und Kampfflugzeuge kommen zum Einsatz. Auch die Aufständischen verfügen zunehmend über schwere Waffen. Dennoch wird Slawjansk Anfang Juli 2014 zurückerobert. Separatisten haben inzwischen in ihren Hochburgen Donezk und Lugansk die militärische und zivile Kontrolle übernommen und verschanzen sich dort.
Warnung: Dieses Video enthält verstörende Bilder. Bitte schaue Dir das Video nur an, wenn Du bereits 18 Jahre alt bist.
Video: Luftangriff auf Lugansk, 02. Juni.2014
Die Auseinandersetzungen nehmen weiter an Härte zu und fordern immer mehr Opfer unter der Zivilbevölkerung. Raketen treffen Häuser in Wohngebieten, in denen angeblich Kämpfer vermutet werden. Während das Internet voll ist von entsetzlichen Bildern und Videos über das Leiden der Bevölkerung, berichten die führenden Medien in Deutschland, wenn überhaupt, auffallend zögerlich und zurückhaltend darüber.
Aufgrund der Vielzahl von Milizen und paramilitärischen Verbänden sowie unterschiedlichen Interessen, Zielen und Motiven, die von den direkt oder indirekt am Konflikt Beteiligten verfolgt werden, ist die Situation im Bürgerkriegsgebiet unübersichtlich. Nach den anfänglichen Rückschlägen zu Beginn der Offensive scheint es den ukrainischen Regierungstruppen und ihren Hilfsverbänden zu gelingen, allmählich die Oberhand zu gewinnen und die Separatisten immer weiter zurückzudrängen.
Doch Ende August wendet sich das Blatt. Die ukrainische Armee erleidet schwere Verluste und muss sich aus bereits eroberten Gebieten zurückziehen, einige Truppenteile werden eingekesselt. Als Erklärung für die überraschende Wende wird ein verstärktes russisches Engagement bei den Kämpfen vermutet.
Hier eine detailliertere Schilderung der Ereignisse bei Wikipedia.
17.07.2014: Absturz einer Passagiermaschine der Malaysian Airlines (Flug-Nr MH17) mit 298 Passagieren und 15 Besatzungsmitgliedern an Bord über dem Kampfgebiet in der Ostukraine. Alle Insassen kommen ums Leben. Laut vorläufigem Bericht der internationalen Untersuchungskommission vom September 2014 ist davon auszugehen, dass die Maschine von Objekten durchsiebt, also abgeschossen wurde.
Behauptungen der ukrainischen Regierung und der NATO, die Maschine sei von einer Flugabwehrrakete der Separatisten oder gar russischer Grenztruppen getroffen wirden, können nicht belegt werden. Es verdichten sich Hinweise, dass das Flugzeug ebenso gut von Kampfjets der ukrainischen Armee beschossen worden sein könnte. Auch ein Abschuss der Maschine durch ukrainische Regierungstruppen ist denkbar.
Trotz der völlig ungeklärten Absturzursache und Schuldfrage verschärfen EU und USA bald darauf erneut die Sanktionen gegen Russland.
August 2014: Am 22.08.2014 trifft ein erster russischer Hilfskonvoi mit Lebensmitteln, Decken und weiteren Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung im von pro- russischen Kräften verwalteten Lugansk ein. Die knapp 300 Lastwagen hatten zuvor tagelang an der Grenze festgesteckt und diese schließlich ohne Einwilligung der ukrainischen Behörden überquert. Westliche Medien sprechen zynisch von einer unrechtmäßigen Invasion und von Provokation.
Inzwischen [Stand 01.10.2014] wurden von Russland [midestens 2] weitere Hilfskonvois gesandt. Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung in den Kampfgebieten, die von politisch Verantwortlichen im Westen, also den USA, der EU oder der NATO, veranlasst worden wären, scheint es nicht zu geben, jedenfalls habe ich keine Kenntnis davon.
Nachtrag: Anfang Oktober wird schließlich ein deutscher Hilfskonvoi in die Ostukraine mit ca. 100 LKW für Mitte Oktober angekündigt.
Am 23.08.2014 trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zusammen. Laut Berichten u.a. in der Welt, der Zeit, dem Tagesspiegel und dem Handelsblatt signalisiert die Kanzlerin Verständnis für das militärische Vorgehen der Ukraine gegen die Separatisten im Osten des Landes. Sie spricht von 'militärischen Auseinandersetzungen, die heute leider notwendig sind'. Weiterhin verspricht die Kanzlerin der Ukraine eine Kreditbürgschaft Deutschlands in Höhe von 500 Mio EUR. Kurz darauf kündigt Poroschenko die Anschaffung zusätzlicher Waffen und Militärausrüstung im Wert von 3 Mrd Dollar an. » Waffen für 3 Mrd Dollar
05.09.2014: Ab 17:00 Uhr tritt ein Waffenstillstand zwischen ukrainischen Regierungstruppen und den Separatisten in Kraft, auf den sich die beteiligten Parteien unter Vermittlung der OSZE und Russlands in Minsk geeinigt haben. Möglich wurde der Waffenstillstand, nachdem die ukrainische Armee sowie die mit ihr verbündeten Milizen nach zwischenzeitlichen Erfolgen mit erheblichen Gebietsgewinnen zuletzt zunehmend unter militärischen Druck geraten waren und immer weiter zurückweichen mussten. Der Waffenstillstand erweist sich in der Folge als brüchig, neben kriegstaktischen Überlegungen sollen dabei auch ethnisch motivierte Absichten von außer Kontrolle geratenen paramilitärischen Gruppen eine Rolle spielen. Der Waffenstillstand wird in Kreisen der NATO und der westlichen Mainstream-Medien als Niederlage empfunden und entsprechend kommentiert. Die Reaktion des Westens und der EU auf den Waffenstillstand besteht in einer weiteren Verschärfung der Sanktionen (s.o.) gegen Russland am 12.09.2014.
Am 20. Oktober berichtet die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch auf ihrer Webseite, dass sie in mehreren Fällen den Einsatz von Streubomben durch Streitkräfte der ukrainischen Regierung Anfang Oktober in bewohnten Gebieten von Donetzk habe nachweisen können.
Nach offiziellen Angaben der UN starben beim Bürgerkrieg in der Ostukraine bis Ende August über 2.800 Menschen, darunter viele unbeteiligte Zivilisten. Im Focus ist bis zum Beginn des Waffenstillstandes von mehr als 3.000 Toten die Rede. Vermutlich ist die Zahl der Opfer aber weitaus höher. Mark Bartalmai, ein unabhängiger deutscher Journalist in Donezk, spricht Anfang Oktober 2014 von 30.000 gefallenen Soldaten und 5.000 zivilen Opfern im Donbass. Nach Schätzungen von Beobachtern kommen durch Beschuss von Wohngebieten auch nach Beginn des Waffenstillstandes täglich 30 bis über 60 weitere, vorwiegend zivile Opfer hinzu. Die Zahl der Flüchtlinge, die vor dem Konflikt nach Russland oder zu Verwandten und Freunden in bislang nicht oder weniger vom Bürgerkrieg betroffene Landesteile der Ukraine geflohen sind, beträgt möglicherweise 1 Mio Menschen. Etliche der Flüchtlinge sind allerdings nach dem in-Kraft-Treten des Waffenstillstandes wieder in ihre Heimat zurückgekehrt.
Am 26.10.2014 finden vorgezogene Parlamentswahlen statt. Der Wahltermin entspricht den Vereinbarungen, welche die ehemalige Regierung unter Präsident Janukowitsch mit der Maidan-Opposition unter Vermittlung von Deutschland, Frankreich und Polen Stunden vor dem Putsch vom 21.02.2014 vereinbart hatte.
In 15 in den Regionen Donezk und Luhansk von Separatisten besetzten Wahlkreisen der insgesamt 225 Wahlkreise kann nicht gewählt werden.
Die 'Volksfront' unter Ministerpräsident Jazenjuk und der Poroschenko- Block des den Präsidenten werden mit je ca. 22 % stärkste Parteien. Sowohl 'der Westen' als auch Russland erkennen die Wahl an.
In den von Separatisten verwalteten Volksrepubliken Donetzk und Luhansk wird am 03.11.2014 gewählt. Bei den Wahlen setzen sich jeweils die Amtsinhaber durch. Diese erklären die Abspaltung von der Ukraine mit den Wahlen als 'vollzogen'. 'Der Westen' erkennt die Wahlen nicht an. Russland spricht ebenfalls nicht von Anerkennung (derartige Aussagen in der Zeit sind unrichtig), sondern von 'Respektierung'.
2014-11-12
Auch gut 2 Monate nach dem Anfang September vereinbarten Waffenstillstand zwischen der ukrainischen Regierung und den Separatisten gehen die militärischen Auseinandersetzungen weiter. Die Kämpfe konzentrieren sich auf das Gebiet um den Flughafen von Donezk. Vermutlich handelt es sich um militär- strategische Positionskämpfe. Anfang November gibt es Berichte über (russische?) Truppenbewegungen im Osten des Landes.
In den NATO-Ländern werden Stimmen lauter, die eine militärische Aufrüstung fordern. Russland bestreitet, Truppen in die Ukraine zu entsenden und beschwert sich über die einseitige Perspektive der OSZE, die den Waffenstillstand überwacht und ukrainische Truppenbewegungen nicht erwähne.
Laut einem Bericht des ELN (European Leadership Network) gab es seit Beginn der Ukraine- Krise 40 gefährliche Begegnungen mit Eskalationspotential ('Close Military Encounters') von NATO Kampfverbänden auf der einen und russischen Einheiten auf der anderen Seite. "Hier wird ein gefährliches Spiel mit dem äußersten Risiko gespielt", meint der ehemalige Bundesverteidigungsminister Volker Rühe laut Spiegel Online.
Am 04. Dezember 2014 beschließt der US- Kongress die Resolution 'H. Res. 758' , welche nach den Worten des ehemaligen Kongress- Abgeordneten Ron Paul einer 'Kriegserklärung an Russland' gleichkommt. Neben allerlei Anschuldigungen gegen Russland enthält die Resolution den Aufruf an den Präsidenten, die Regierung der Ukraine bei der Verteidigung ihrer Souveränität "with lethal and non-lethal defense articles, services, and training" zu unterstützen.
Um den 09/10. Dezember wird erneut ein Waffenstillstand ausgerufen. Bei seinem Besuch in Australien am 12.12. erklärt der ukrainische Präsident Poroschenko, der Waffenstillstand werde nun eingehalten.
Am 20.12.2015 unterzeichnet US- Präsident Obama das der Kongress- Resolution vom 04.12.2014 (s.o.) entsprechende Gesetz HR5859, welches den Amerikanern laut einem Bericht der DWN weitreichende Befugnisse in der Ukraine sichern soll. Darin ist u.a. von einer Privatisierung des Energie- Sektors, einer umfassende militärischen Aufrüstung und von der Finanzierung von Medien durch die US- Regierung die Rede.
Vor Weihnachten räumt Russlands Präsident Putin ein, dass die Sanktionen die durch den anhaltenden Verfall des Rohöl- Weltmarktpreises eingetretene Finanz- und Wirtschaftskrise in Russland verschärfen. Als erster Politiker der GroKo- Bundesregierung rückt Außenminister Steinmeier Ende November vorsichtig von der Sanktionspolitik des Westens ab und stellt im Dezember insgesamt die Russland- Sanktionen in Frage.
Denn auch in der EU machen sich die Sanktionen zunehmend nachteilig bemerkbar. Der deutsche Handel mit und Export nach Osteuropa bricht ein, Italien und andere EU-, insbesondere Agrar- Exporteure nach Russland, geraten in Schwierigkeiten. Nur die USA, der Initiator und Architekt der Sanktionen, haben kaum Probleme. Sie profitieren sogar noch.
"Wir erwarten von der ukrainischen Regierung, dass sie ... Leben schützt, dass Gewaltanwendung nicht stattfindet..."
Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Ukraine Krise. Statement vom 23.01.2014, also noch vor dem Sturz des Präsidenten Janukowytsch...
7 Monate später, beim Treffen mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Poroschenko während des Bürgerkrieges, verspricht die Kanzlerin finanzielle Hilfe und signalisiert Verständnis für das militärische Vorgehen der Ukraine gegen die Separatisten im Osten des Landes. Sie spricht von 'militärischen Auseinandersetzungen, die heute leider notwendig sind'.
Themen in anderen Blogs:
(Auf die Auswahl der Beiträge habe ich keinen Einfluss)
Last edit: 2018-08-22 | 14:55
2017-02-27
Schöne Frauen, Samba & Proteste zum Karneval 2017 in Rio
Karneval in Brasilien: Samba und Proteste 2017-02-27 [26], DLF (externer Link) Bei den Protesten geht es insbesondere um die Landnahme großer Agrarkonzerne, die den Regenwald roden und indigene Völker vertreiben.
Gastbeitrag
2017-02-14
Für diejenigen, die politisch nicht auf meiner Linie sind, hier die Erklärung, wie ich zu meiner Position gelangt bin. Ist eine lange Erklärung, also nur für die, die es wirklich interessiert ...
2017-01-23 [20]
Video der Antrittsrede - Trumps Anhänger und seine Gegner - Wird Deutschland der neue Leader des ‘multilateralen Westens’?
Hervorgehobener Beitrag
2016-08-06
Nach den Verbrechen und Anschlägen von Würzburg (Axtmassaker), München (Amoklauf), Reutlingen (Machetenattacke) und Ansbach (Nagelbombenanschlag) im Juli 2016 mit 11 Todesopfern und Dutzenden von Verletzten sind Terror und Gewalt im Kontext der Immigration endgültig im Bewusstsein der Bürger angekommen.
Hervorgehobener Beitrag
2016-04-24
In diesen Tagen ist aus gegebenem Anlass die 'Fremdenfurcht', zumal die Frage, ob sie angeboren, also in den Genen verankert ist oder nicht, ein heftig und kontrovers diskutiertes Thema. ... Fremdenfurcht und Neugier stellen in Wirklichkeit eine Einheit dar, quasi einen einzigen Instinkt, eine Art 'Distanzinstinkt'.
Nach Sylvain Timsit und / oder Noam Chomsky
Armutsquote in Deutschland erreicht neuen Höchststand. Löhne der unteren 40 Prozent der Beschäftigten real geringer als vor 20 Jahren.
Die BuReg war Mitte Sep 2015 entschlossen, die Grenzen zu Österreich wegen des Ansturmes von Migranten zu schließen. Doch dann bekam die Kanzlerin kalte Füße.
Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert aus einem Papier der Bundesregierung für ein Treffen von EU- Botschaftern am zweiten März- WE 2017 in Brüssel: ‘In Deutschland kommen täglich 500 irreguläre Migranten an.’
Die erste Generation der Einwanderer aus der Türkei kam seit 1961 aufgrund eines Anwerbeabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei nach Westdeutschland.
Dritte Welt zwischen Unmündigkeit, Ausbeutung und Entwicklungshilfe
"Eng verknüpft mit dem Begriff Manipulation ist der Begriff Macht. Wer machen kann, dass andere etwas machen, der hat Macht. Wer mit Medien und Medienschaffenden zu tun hat, der sollte die Besonderheiten journalistischer Produktion und Mechanismen möglicher Manipulation unbedingt kennen."
Bassam Tibi, deutsch- syrischer Politikwissenschaftler, zu Fragen von Migration und Integration:
"Integration erfolgt immer in etwas, das heisst in ein Gemeinwesen mit kultureller Identität. Wenn Deutschland seine Identität verleugnet, ist die Folge klar: eine Unfähigkeit zur Integration."
Zur trügerischen Vision menschlicher Vollkommenheit - Essay
Neuregistrierungen von Zuwanderern aus Nicht- EU- Ländern gab es in 2016 etwa 300.000.
Der Terror- Anschlag von Berlin: Was wir daraus lernen – und manche unserer Politiker nie.
Keine Trauerfeier für die Terror- Opfer von Berlin
Trump über Merkel
"... one crucial dimension of this [migration] crisis has gone little - noticed: [...] sex ratios. [...] As anthropologist Barbara Miller has persuasively argued, a normal sex ratio is a 'public good' and therefore deserves state protection. For Sweden — or any other European country — to wind up with the worst young adult sex ratios in the world would be a tragedy for European men and women alike."
2017-01-13 [1/11/16], Pol
Europa hat ein Männerproblem
[2016-01-15], Huff
Asyl und humanitäre Hilfe für Kriegsflüchtlinge oder Neuansiedlungspolitik und Bestandserhaltungsmigration ?