2015-04-13
Das legendäre, unmoderierte Streitgespräch im WDR im Februar 1975, von heute aus gerechnet also vor ca. 40 Jahren, zwischen der Journalistin und Feministin Alice Schwarzer, Verfasserin u.a. des Buches "Der kleine Unterschied und seine großen Folgen", und der Schriftstellerin Esther Vilar, der Verfasserin u.a. des Buches "Der dressierte Mann", in dem sie die Männer als das unterdrückte Geschlecht in der modernen Gesellschaft bezeichnet, ging als Klassiker des Fernsehduells in die TV- Geschichte ein. Eine Frau, die Männer liebt contra eine Frau, die Männer hasst - was gibt es spannenderes?
Die unterschiedlichen Standpunkte und Beweggründe traten deutlich zu Tage und die Diskutantinnen gewährten tiefe Einblicke in ihre jeweiligen Vorstellungswelten. Eine Siegerin habe es nicht gegeben, so lautete im Nachgang des Duells der Tenor der Berichterstattung über das Streitgespräch. Während sich Alice Schwarzer durch rhetorischen Eifer hervortat, überzeugte Esther Vilar mit inhaltlicher Klarheit und Präzision.
"Ich ... vertrete ... einen weiblichen Feminismus, während ich glaube, dass Sie und die Gegenseite überhaupt, die Feministinnen, die man die orthodoxen Feministinnen nennt, einen männlichen Feminismus vertreten. Denn das, was man bis jetzt unter Feminismus versteht, ist eine Männeridee, sie ist von Männern gemacht worden, Männern, die geglaubt haben, was ihnen ihre Mütter über Frauen erzählt haben, also zum Beispiel von Freud, Marx, Engels, Bebel usw. [Esther Vilar]
"Zu sagen, dass die Welt von Männern beherrscht sei, ist ebenso paradox wie wenn man sagen würde, die Seefahrt sei von Matrosen beherrscht." [Esther Vilar]
"Der Charme ihrer Bücher besteht nur in der Selbstverleugnung und in dem Verrat. Sie verleugnen ihr Geschlecht, sie verleugnen damit sich selbst und sie verraten ihr Geschlecht." [Alice Schwarzer]
"Wissen Sie, ich glaube nicht, das das ein Verrat an meinem Geschlecht ist. Im Gegenteil, ich denke, es ist eine Ehrenrettung für mein Geschlecht, was ich mache. Und ich glaube, wenn jemand mein Geschlecht verrät, dann sind Sie es und ihre Clique." [Esther Vilar]
"Wenn Sie in ihren Büchern das Wort 'Frau' ersetzen würden durch das Wort 'Jude' oder 'Neger', dann wären ihre Schriften reif für den 'Stürmer'." [Alice Schwarzer]
"In dieser Gesellschaft, in der Bundesrepublik 1975, im Jahr der Frau, wird 2/3 der gesamt-gesellschaftlichen Arbeit von Frauen gemacht und 1/3 von Männern." [Alice Schwarzer]
"Wenn ein Mann Vater wird, dann heißt das, dass er sozusagen die Eintrittskarte für das lebenslängliche Gefängnis schon bekommen hat.... bis er pensioniert wird." [Esther Vilar]
"Dieser Frau, die jetzt frigide ist, der sagen Sie: Meine Gute, stellen Sie sich doch nicht so an, mach doch zwei Mal die Woche, mach doch kein TamTam. Ich glaube, dass jemand, der so zynisch ist und so gemein und solche Dinge schreibt - ich wundere mich überhaupt, dass Frauen sie noch nicht angegriffen haben..." [Alice Schwarzer]
"Ich bin Schriftstellerin und ich beschreibe, was ich sehe, so genau wie möglich und so ehrlich wie möglich." [Esther Vilar]
Als Reaktion auf ihr Buch 'Der dressierte Mann' wurde die 1935 in Buenos Aires geborene Deutsch-Argentinierin Esther Vilar massiv angefeindet und bedroht, in der Toilette der Münchner Staatsbibliothek von militanten Frauenrechtlerinnen zusammengeschlagen und verließ schließlich Deutschland von einem Tag auf den anderen in Richtung Schweiz.
Esther Vilar veröffentlichte weitere Bücher. Unter anderem kritisierte sie darin die Meinungsführerschaft von Lesben in der Frauenbewegung, denen sie vorwarf, heterosexuelle Frauen zu verführen. Die feministische Bewegung bestehe quasi nur aus Lesben und 'vermännlichten' Frauen. In ihrem Buch 'Das polygame Geschlecht' gestand Esther Vilar Männern das Recht auf zwei Frauen zu. "Für die Frau bedeutet Liebe Macht, für den Mann Unterwerfung". Neben dem Verhältnis der Geschlechter zueinander beschäftigte die Vilar sich intensiv mit der Angst der Frauen vor der Freiheit und ihrer Lust an der Unfreiheit.
Alice Schwarzer stieg ab den 1970er Jahren kometenhaft zu der mit Abstand einflussreichsten Feministin Deutschlands und darüber hinaus auf und behauptete diese Position über vier Jahrzehnte.
1971 hatte Alice Schwarzer im 'Stern' mit der Aktion 'Wir haben abgetrieben' erstmals für größeres Aufsehen gesorgt. In ihrem Buch 'Der kleine Unterschied und seine großen Folgen' (1975), einer Art Bibel des Feminismus, rät sie Frauen, beim Liebesspiel die Penetration zu verweigern, da sie einen Akt der Unterwerfung darstelle, und berichtet u.a. von einer Frau, die beim Sex immer nur an den Körper einer Frau denkt, gleichwohl aber mit jüngeren, oft ausländischen Männern mindestens zwei oder drei Orgasmen hat (ebenda). 1978 verklagte sie den Stern gemeinsam mit u.a. Inge Meysel erfolglos wegen Sexismus in Gestalt der Darstellung der Frau als bloßes Sexobjekt auf den Titelseiten.
1977 gründet die 1942 in Wuppertal gebürtige Alice Schwarzer die Frauenzeitschrift 'Emma', deren Herausgeberin sie bis heute ist. Jahrzehntelang galt sie als die maßgebliche Sprecherin der Frauenbewegung, zunächst als Vorkämpferin für die Emanzipation der Frau, später als 'große alte Dame' der Frauenrechtsbewegung. Ihre Meinung hatte sowohl innerhalb der lesbisch-feministischen Bewegung großes Gewicht wie auch im gesellschaftlichen Diskurs um Frauenrechte und Gleichberechtigung insgesamt. Erst im Zuge einer Steueraffäre, die im Jahre 2013 an die Öffentlichkeit gelangte, begann ihr Stern zu sinken.
Links:
Der kleine Unterschied
Frau gegen Frau
Liebe - die größte Form der Unfreiheit
Jan Deichmohle
2015-11-16, 12:26:13
In den 1970ern wurde Esther Vilar von Feministinnen zusammengeschlagen, mit ihrem Kind mit Mord bedroht und mußte emigrieren. Seit Generationen werden Feminismuskritiker und ihre Argumente unterdrückt. http://www.amazon.de/s/field-keywords=Deichmohle+Geschlechter
Kitty
2015-04-18, 00:15:19
Absolut sehenswertes Video!
Entlarvend und immer noch brandaktuell!
Themen in anderen Blogs:
(Auf die Auswahl der Beiträge habe ich keinen Einfluss)
Last edit: 2019-11-25 | 12:31
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"... one crucial dimension of this [migration] crisis has gone little - noticed: [...] sex ratios. [...] As anthropologist Barbara Miller has persuasively argued, a normal sex ratio is a 'public good' and therefore deserves state protection. For Sweden — or any other European country — to wind up with the worst young adult sex ratios in the world would be a tragedy for European men and women alike."
2017-01-13 [1/11/16], Pol
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[2016-01-15], Huff
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