2016-08-30
Vor einiger Zeit erregte eine Studie über den Zusammenhang von Intelligenz und politischer Einstellung international Aufsehen und erhitzte die Gemüter. Das Ergebnis der Studie lautete, dass 'Konservative' weniger intelligent seien als 'Progressive'. Als Erklärung hierfür wurde angeführt, dass Intelligenz Voraussetzung dafür sei, sich von Traditionen, Gewohnheiten und Bräuchen lösen zu können. 'Progressive' seien eher dazu bereit und in der Lage, neue Wege zu gehen.
Inzwischen werden die Ergebnisse dieser Studie in Zweifel gezogen. Die Schwachstelle der Studie liegt in der Verabsolutierung der Handlungsimplikationen, die 'progressive' bzw. 'konservative' Einstellungen beinhalten. Diese darf man aber nicht als absolut gegeben voraussetzen, sondern muss sie relativ zur jeweiligen Umgebung betrachten.
In einem von althergebrachten Traditionen geprägten Milieu ist es zwar der 'Progressive', der diese Traditionen hinterfragt und sich ggfls. von ihnen löst oder sie neu interpretiert und der 'Konservative', der vielfach ungeprüft an ihnen festhält. Umgekehrt ist es jedoch in einem von 'links- liberalen' Gewohnheiten geprägten Milieu der 'Konservative', der Gewohnheiten hinterfragt und nach neuen Wegen des sozialen Umgangs sucht, während der 'Progressive' derjenige ist, der Probleme ignoriert, verdrängt oder aussitzt, wie es in etablierten 'links- grünen' Milieus inzwischen die Regel ist.
Intelligenz bemisst sich daher nach neueren Erkenntnissen völlig unabhängig von den klassischen politischen Einteilungen von 'rechts' oder 'links' an der kognitiven Fähigkeit, Probleme zu erkennen, sie zu benennen und nach Lösungen zu suchen. Es geht also neben dem entsprechenden Mut und Selbstbewusstsein um den klaren und unvoreingenommenen Blick auf die Dinge und um das Vermögen, sich Alternativen vorstellen zu können, sich "anders zu verhalten als die Mehrheit [...], die Perspektive anderer einzunehmen oder Autoritäten zu widersprechen", wie die Kolumnistin Irene Jung im Hamburger Abendblatt schreibt. Der Marburger Intelligenzforscher Detlev Rost erläutert: "Wer immer nur im Bekannten bleibt, muss nicht viel überlegen."
Nahezu sämtliche international anerkannten Experten wie Anthropologen, Historiker, Soziologen, Psychologen, Philosophen oder Völkerkundler äußern sich skeptisch oder kritisch zur Flüchtlings- und Integrationspolitik der Bundesregierung. Ob Gunnar Heinsohn (2) oder Paul Collier, Rüdiger Safranski oder Peter Sloterdijk, Jörg Baberowski oder Michael Lüders, Hans-Joachim Maaz oder Werner Patzelt, alle hadern mehr oder minder oder spotten gar. Es sind immer nur Politiker, Wirtschaftsführer, Journalisten oder Unterhaltungskünstler, welche diese Politik befürworten. Also Laien. Prominent, aber ahnungslos.
Etliche regionale und lokale Politiker wie Boris Palmer, der Tübinger OB von den Grünen, Heinz Buschkowski, der ehemalige Bürgermeister von Neukölln oder Lutz Trümper, der im vergangenen Jahr aus der SPD ausgetretene OB von Magdeburg, halten schon lange nicht mehr still oder lassen sich den Mund verbieten. Bei den Spitzen ihrer Parteien finden die Abweichler von der Parteidoktrin jedoch bis heute praktisch keinerlei Unterstützung, wenn sie auf Misstände hinweisen und auch an der Basis scheute man lange Zeit die ernsthafte Auseinandersetzung. "Es könnte sein, dass auch die SPD manche Fragen ausblendete und stattdessen auf Nichtbefassung und erzieherisches Stillschweigen setzte", findet Gerd Nowakowski vom Berliner Tagesspiegel.
Probleme zu ignorieren geht aber immer schief. So zog nun auch die progressive Kreuzberger 'altlinke' Aktivisten Sibylle Schmidt, die in der SPD kein 'kritisches Verständnis' für die Probleme der Integration fand, die Konsequenzen und kandidiert bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus bzw. zur Bezirksverordnetenversammlung für die AfD.
Die pluralistische Ignoranz, massive Abwehrhaltung und zuweilen gar der unverhohlener Hass, der diesen mutigen Grenzgängern in der Politik, den sogenannten Leitmedien und heute auch in einigen Foren der Sozialen Netzwerke entgegenschlägt, konnte man einst aus den Reaktionen auf die 'Revoluzzer' der '68er- Rebellen' und kann man dieser Tage aus den Reaktionen auf die 'Infragesteller' und 'Abweichler' der AfD herauslesen. Dieses Verhalten ist ein Ausdruck der kognitiven und oftmals auch argumentativen Überforderung von Menschen, deren Weltbild, Selbstverständnis und Lebensmodell durch den Druck einschneidender Ereignisse oder massiver gesellschaftlicher Umwälzungen ins Wanken gerät oder gar fundamental in Frage gestellt ist.
Aus dieser Verunsicherung erwächst ein instinktiver archaischer Wunsch nach Nestwärme & Geborgenheit in der vertrauten Gruppe, der oftmals ein sogar noch innigeres Festhalten an vertrauten diskursiven Gewohnheiten und Ritualen bewirkt oder zu regressiven Reaktionen wie übertrieben forschem und aggressiv- autoritärem Auftreten führt, dem sogenannten 'Pfeifen im dunklen Wald'. Zum Zwecke der Selbstvergewisserung und zum demonstrativen Nachweis des eigenen 'Stallgeruches' sich selbst und anderen gegenüber werden in Ermangelung eigener Argumente häufig auch immer wieder die gleichen, undifferenzierten Parolen und Beschwörungsformeln wie 'Nazi', 'Rassist' oder 'Rechtspopulist' mantraartig verwendet, um der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Argumenten Andersdenkender aus dem Wege zu gehen.
neuland
2016-09-02, 07:29:07
Ich denke, alle Menschen haben sowohl das Bedürfnis nach einer sicheren, vertrauten Umgebung wie auch des Bedürfnis nach Veränderung. 2 Seelen wohnen eben in einer jeden Brust. Zum einen kommt es auf das eigene soziale Umfeld drauf an (z.B. eher konservativ bzw. eher liberal), das konkrete Lebensumfeld (in einem sozialen Brennpunkt bzw. in einer ruhigen Reihenhaussiedlung), die eigene Zufriedenheit damit (glücklich / unglücklich), den eigenen Charakter (Veranlagung, Sozialisation, Erfahrungen) - ach je, und wenn ich schon mal so dabei bin, nimmt das irgendwie gar kein Ende - also vermutlich noch etliches mehr ... ;). Im Grunde genommen sind wir Menschen uns eben alle von den grundlegenden Bedürfnissen her gesehen relativ ähnlich. Nur die sind eben bei allen ein bisschen unterschiedlich gewichtet - und manchmal ergänzen sich die Bedürfnisse (eine Frau sehnt sich nach einem Mann - ein Mann nach einer Frau), manchmal stehen sie einander im Weg (2 Frauen lieben 1 Mann). Und wer glücklich ist, will, dass alles bleibt, wie es ist und wer unglücklich ist will, dass sich alles ändert.
Siehe auch: http://neuland.mustermann.org/human-ethologie-vergleichende-verhaltensforschung/fremdenfurcht-neugier-einwanderung.php
[Sorry fürs späte Freischalten des Kommentars. Habe gestern abend keine mails mehr abgerufen...]
Na, jedenfalls bleibt es kompliziert. Selbst das har vermutlich Vor- und Nachteile ... ;)
Frager
2016-09-01, 15:19:23
Eine Frage zur Interpretation des Artikels, ist es nicht so, dass das festhalten an alten Strukturen (wenn man das Dasein aller Parteien als gegeben annimmt) weit mehr Teil der AfD?
"Aus dieser Verunsicherung erwächst ein instinktiver archaischer Wunsch nach Nestwärme & Geborgenheit in der vertrauten Gruppe", trifft diese Aussage nicht genau zu, wenn man die vertraute Gruppe als jetziges Deutschland ansieht, wohingegen die politischen Gegner der AfD für ein sich wandelndes Deutschland sind?
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(Auf die Auswahl der Beiträge habe ich keinen Einfluss)
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