2015-03-13
Etliche meiner Freunde sind einigermaßen entsetzt über meine USA- kritische Einstellung, die ich insbesondere seit Beginn des Bürgerkrieges in der Ukraine an den Tag lege. Ich will meine Haltung anhand von zwei Dokumentarfilmen über den Militärisch- Industriellen Komplex in den USA erläutern.
Zunächst einmal: Amerika ist ein großartiges Land mit faszinierender Geographie, einer beeindruckenden Geschichte, einer hoch entwickelten intellektuellen Kultur und wunderbaren Menschen. Mein Lieblings- Schriftsteller (Hemingway) war Amerikaner, zwei meiner Lieblingsfilme (Once upon a time in America und Heavens Gate) und etliche meiner Lieblings- Musiker und Bands (Doors, Fleetwood Mac, Jefferson Airplane, Jimi Hendrix, Bob Dylan, Joan Baez etc.) stammen von dort. All diese Menschen haben ihr Land geliebt - und sich vermutlich gerade deshalb kritisch mit ihm auseinandergesetzt.
Wie fast überall auf der Welt hat sich auch in Amerika in den letzten Jahrzehnten die politische und wirtschaftliche Macht zunehmend in den Händen von Wenigen konzentriert. Im Falle von Amerika kommt noch die globale Finanz- Macht der Welt- Reserve- Währung, des Dollars, sowie die militärische Dominanz des Welt- Hegemons hinzu. Und da Amerika das mächtigste Land der Welt ist, das Zentrum des Geldes, des Militärs und der IT, also der Ausgangspunkt von Einflussfaktoren, die in einer Welt der globalisierten Finanzströme, Märkte und Ideologien das Leben aller Menschen maßgeblich bestimmen, sind die Auswirkungen dieser Machtkonzentration in besonderem Maße gravierend und in jedem Winkel der Welt spürbar und in diesen Tagen leider auch extrem gefährlich und möglicherweise verheerend.
Eine derartige Zusammenballung von Macht führt leicht zur Ausbildung eines mehr oder minder intransparenten Apparates, einer Maschinerie, einer Art Schwungrad der Macht, einem gefräßigen Schwarzen Loch. Ein solcher überdimensionaler Basar von unterschiedlichen Interessen, Ambitionen, Karriereplänen, Träumen von Reichtum und Phantasien von Macht trägt die Tendenz in sich, zum Selbstzweck zu werden, nur noch darauf bedacht, sich zu erhalten und zu nähren und alles an sich zu reißen und zu verschlingen. Der ehemalige Präsident Dwight D. Eisenhower wies in seiner Abschiedsrede 1961 erstmals auf die Gefahren hin, die von der Machtkonzentration in dem Militärisch - Industriellen Komplex der USA ausgehen. Auch Präsident John F. Kennedy sprach davon und viele amerikanische Intellektuelle, darunter hochrangige ehemalige Minister, Abgeordnete und Militärs (Paul Craig Roberts, Ron Paul, Henry Kissinger, Gore Vidal, Edward Snowden) setzten sich in der Folgezeit bis heute mit dem Thema auseinander.
Es gibt etliche Schriften und auch filmische Dokumentationen, in denen die Problematik des Militärisch Industriellen Komplexes dargestellt wird. Die wohl bekannteste Dokumentation heißt: 'Why we Fight' von Eugene Jarecki aus dem Jahre 2005. Der Titel der Doku entspricht dem Titel einer Serie von Propagandafilmen, mit denen in den 1940er Jahren die amerikanische Bevölkerung auf die Teilnahme am 2. Weltkrieg eingeschworen wurde. Die Doku von Jarecki ist leider nicht komplett im Internet frei verfügbar, lediglich einzelne Teile und eine kurze Zusammenfassung (s.o.).
Im ZDF- Infokanal lief vor einiger Zeit die hochinteressante Doku 'Standing Army' von den unabhängigen Filmemachern Enrico Parenti und Thomas Fazi (s.u.) über den Zusammenhang zwischen der Strategie der US- Militärbasen, dem Aufbau eines Stehenden Heeres und dem daraus resultierenden wachsenden weltpolitischen Einfluss der USA und speziell des Militärisch- Industriellen Komplexes innerhalb der USA, der sich seit dem 2. Weltkrieg in den vergangenen Jahrzehnten um die stehende Armee herum entwickelt hat und der mehr und mehr außer Kontrolle gerät. Inzwischen sind weite Teile des Nahen Ostens in Schutt und Asche gelegt. Nun schickt sich der nach Ansicht etlicher Beobachter durch seine eigenen schiere Größe und Dynamik und die Verwerfungen an den Finanzmärkten mehr und mehr außer Kontrolle geratende militärisch- industrielle Komplex der USA an, in seinem Todeskampf Europa mit in den Abgrund zu reißen.
Der Militärisch- Industrielle Komplex besteht aus Politik, Rüstungsindustrie, Militär und Think Tanks.
Es beginnt mit der enormen Aufrüstung während des 2. Weltkrieges und der Schaffung einer mächtigen Armee, die von nun an als gewaltige 'Stehende Armee' Bestand haben soll. Das Militär wird im beginnenden Kalten Krieg zur Institution, entwickelt eine eigene Daseinsform, einen Way of Life, eine Ideologie. Der Unterhalt verschlingt Unsummen. Es geht nun also immer mehr auch um wirtschaftliche Interessen und Geld. Viel Geld. Lobbyismus kommt auf. Ein Stehendes Heer ändert die politische Struktur der USA. Stehende Heere zerstören den Föderalismus, indem sie die Macht ins Zentrum nach Washington verlagern. Allmählich entsteht eine eigene Machtstruktur: Der Militärisch- Industrielle Komplex.
Die Erfordernisse des Betriebes und Unterhalts der Armee entwickeln eine eigene Dynamik. Zur Funktionsfähigkeit wird insbesondere der Zugang zu den Energieressourcen der Welt benötigt. Es beginnt eine schleichende Militarisierung der Politik: In der Carter Doktrin postulieren die USA ihre Strategie der Überlegenheit. Schutz der und Zugang zu den weltweiten Ölvorräten wird für die USA zum vitalen Interesse und muss mit allen Mitteln gesichert werden.
Hunderte von Militärbasen weltweit sichern und festigen diese Macht. Mit der Stationierung von Militärbasen verlieren die aufnehmenden Länder einen Teil ihrer Souveränität, über die 'geheime Strategie' der US- Militärbasen kommt es zu einer weiteren Zunahme von Macht und Einfluss in Washington.
Um das Vorhandensein eines so mächtigen und teuren Militärapparates zu rechtfertigen, ist es erforderlich, seine Notwendigkeit immer wieder unter Beweis zu stellen. Dies geschieht am einfachsten dadurch, dass man von Zeit zu Zeit mit dem Einsatz des Militärs droht oder es gar zum Einsatz bringt...
Seit 1945 entsteht ein weltweites Netz von hunderten von Militärbasen. Es beginnt mit Militärbasen auf dem Gebiet der im 2. Weltkrieg besiegten Länder Deutschland, Italien und Japan. 1953 dann Korea. Dann Indochina und Pazifik, u.a. 1971 Diego Garcia. Mit jedem Krieg kommen neue Basen hinzu. Und mit den Soldaten kommen neue Kriege.
Krise bedeutet Chance und Risiko
Nach dem 1. Golf- Krieg 1991 verkündet George W. Bush: 'Vor uns liegt die Gelegenheit, für uns und zukünftige Generationen eine neue Weltordnung zu schmieden'. Im Nahen Osten, in Saudi- Arabien und anderen Golf- Staaten, entsteht eine gewaltige dauerhafte Militärpräsenz. 1998 kommen Stützpunkte im Kosovo und im ehemaligen Jugoslawien hinzu. Ab 2001 neue Basen in Irak, Afghanistan. Stützpunkte und Kriege gehen Hand in Hand, Militärbasen sind Beute und Raubgut der Kriege. Sie bedeuten eine Ausweitung der Macht- und Einflusssphäre auch in Bezug auf die Politik in den Ländern, in denen sich die Basen befinden. Eine moderne Form des Kolonialismus.
Immer neue Feinde führen zu immer neuen Kriegen und zu weiterer Aufrüstung. Kosten und die Bedeutung des Militärs wachsen weiter und damit auch die Macht des Militärisch Industriellen Komplexes. Die Rüstungsindustrie in den USA dürfte inzwischen der bei weitem wichtigste Wirtschaftszweig der USA sein. Zigtausende Arbeitsplätze hängen daran. Abgeordnete und Politiker achten darauf, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben, denn sie wollen wieder gewählt werden. Und es wird gut an den Rüstungsaufträgen verdient. Die Renditen steigen. Wenn Kriege derartig lukrative Renditen abwerfen, kann man davon ausgehen, dass es mehr davon geben wird, heißt es an einer Stelle der Doku.
Links:
Gefährliche Propaganda (gfp)
Die Kriegsgeschäfte der USA (heise)
Militärisch-industrieller Komplex (Wiki)
Themen in anderen Blogs:
(Auf die Auswahl der Beiträge habe ich keinen Einfluss)
Last edit: 2015-06-19 | 04:12
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Hervorgehobener Beitrag
2016-04-24
In diesen Tagen ist aus gegebenem Anlass die 'Fremdenfurcht', zumal die Frage, ob sie angeboren, also in den Genen verankert ist oder nicht, ein heftig und kontrovers diskutiertes Thema. ... Fremdenfurcht und Neugier stellen in Wirklichkeit eine Einheit dar, quasi einen einzigen Instinkt, eine Art 'Distanzinstinkt'.
Nach Sylvain Timsit und / oder Noam Chomsky
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Dritte Welt zwischen Unmündigkeit, Ausbeutung und Entwicklungshilfe
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Bassam Tibi, deutsch- syrischer Politikwissenschaftler, zu Fragen von Migration und Integration:
"Integration erfolgt immer in etwas, das heisst in ein Gemeinwesen mit kultureller Identität. Wenn Deutschland seine Identität verleugnet, ist die Folge klar: eine Unfähigkeit zur Integration."
Zur trügerischen Vision menschlicher Vollkommenheit - Essay
Neuregistrierungen von Zuwanderern aus Nicht- EU- Ländern gab es in 2016 etwa 300.000.
Der Terror- Anschlag von Berlin: Was wir daraus lernen – und manche unserer Politiker nie.
Keine Trauerfeier für die Terror- Opfer von Berlin
Trump über Merkel
"... one crucial dimension of this [migration] crisis has gone little - noticed: [...] sex ratios. [...] As anthropologist Barbara Miller has persuasively argued, a normal sex ratio is a 'public good' and therefore deserves state protection. For Sweden — or any other European country — to wind up with the worst young adult sex ratios in the world would be a tragedy for European men and women alike."
2017-01-13 [1/11/16], Pol
Europa hat ein Männerproblem
[2016-01-15], Huff
Asyl und humanitäre Hilfe für Kriegsflüchtlinge oder Neuansiedlungspolitik und Bestandserhaltungsmigration ?